Von EUvsDisinfo – Wenn nichts wahr und alles möglich ist (EUvsDisinfo, 19.04.18)


Während der letzten paar Wochen war die Verbreitung von zwei wesentlich Kampagnen innerhalb der kremlfreundlichen Desinformationsmaschinerie zu beobachten: Die Desinformationen rund um die Vergiftung der Skripals, bei der die Zahl der dazu von kremlfreundlichen Quellen verbreiteten Narrative mittlerweile bei 31 (!) liegt; und die massive Kampagne, die auf den jüngsten Chemiewaffenangriff in Syrien abzielte.

Die sich auf den Fall Skripal konzentrierende Desinformationskampagne, besitzt viele Ähnlichkeiten mit den Desinformationen, die kurz nach dem Abschluss des zivilen Fluges MH17 veröffentlicht wurden; wohingegen die Kampagne betreffend Syrien eine vorhersehbare Wiederholung früherer, das Leiden der Zivilisten in diesem Land anzweifelnder Kampagnen darstellt.

Wir haben schon früher sowohl über die Akteure hinter diesen virtuellen Tsunamis der Desinformation berichtet, als auch über die eingesetzten Taktiken und Narrative.

Vor Kurzem haben diese zwei Kampagnen, die jeweils verschiedene Vorfälle ins Visier nehmen, begonnen, sich zu einer gemeinsamen Kampagne innerhalb des kremlfreundlichen Desinformationsraumes zu verbinden. Für ein untrainiertes Auge könnte das überraschend wirken. Doch wie das Buch über das moderne Russland und dessen Fernsehlandschaft von Peter Pomerantsev nahelegt, ist alles möglich, wenn nichts wahr ist.

Während früher die White Helmets beschuldigt wurden, unter anderem den Chemiewaffenangriff in Syrien inszeniert zu haben, konnte man diese Woche beobachten, wie Großbritannien dafür verantwortlich gemacht wurde, die Inszenierung den White Helmets befohlen zu haben. Das russische Staatsfernsehen behauptete ebenso, dass die Chemiewaffen Syriens in Wirklichkeit von den Briten entwickelt worden seien, obwohl ein anderes staatliches Fernsehprogramm berichtete, dass es in Syrien keine Chemiewaffen gebe.

Und im Vorfeld der Ankunft unabhängiger Ermittler der Organisation für das Verbot von chemischen Waffen (OPCW) in Duma, diskreditieren Vertreter des Kremls und kremlfreundliche Medien deren Arbeit im Fall Skripal.

AEinmal mehr zeigten „Nachrichtensendungen“ des staatlichen russischen Fernsehens, wie sehr sie sich von Nachrichtenprogrammen unterscheiden, die an journalistischen Standards festhalten. Um zu „beweisen“, dass die White Helmets den Chemiewaffenangriff in Duma inszenierten, wurde Bildmaterial eines Filmsets ausgestrahlt, was genau das zeigen soll. Doch das Problem liegt darin, dass das Bildmaterial leicht als von dem (pro-syrischer Regierung) stammenden Film „Revolution Man“ identifizierbar ist. Bei Bellingcat gibt es die ganze Geschichte.

Das ist nicht das erste Mal, dass das russische Staatsfernsehen Bilder aus solchen Produktionen benutzt und sie als Wirklichkeit ausgibt—wir haben schon früher so etwas beobachten können, als Bilder aus Computerspielen als „unwiderlegbare Beweise“ präsentiert wurden.

Also, obwohl auf den ersten Blick die Vergiftung eines Ex-Spions in Großbritannien und ein weiterer chemischer Angriff in Syrien, bei dem Zivilisten getötet worden waren, nicht viel gemein haben, muss man nur den Pfad der Desinformationen folgen um herauszufinden, wie alles seine Rolle in der kremlfreundlichen Desinformationsmaschinerie spielt. Und wie diese Maschinerie als nicht-militärisches Mittel zur Erreichung politischer Ziele benutzt wird, ist in verschiedenen, in unserer Leseliste beinhalteten Studien beschrieben, zum Beispiel hier, hier und hier.

Übersetzungen aus dem Englischen: Astrid Schwaderer

 


Von EUvsDisinfo – Wenn nichts wahr und alles möglich ist (EUvsDisinfo, 19.04.18)