Artikel im Abschnitt ‚Kontext‘ sind keine Fälschungen. Wir veröffentlichen sie, um unseren Lesern einen besseren Einblick in die Techniken, Methoden und Praktiken der russischen Regierung in ihrem Informationskrieg zu geben. Die Meinung des Autors muss nicht der Meinung von StopFake entsprechen.

Von EU vs Disinfo

Als die große NATO-Übung „Trident Junction“ diese Woche zu Ende ging, war die Pro-Kreml Desinformation schnell dabei darauf zu reagieren. Vor zwei Wochen haben wir drei verschiedene Wege aufgezeigt, auf denen die Pro-Kreml Desinformation das Vertrauen der Öffentlichkeit in die EU und die NATO untergraben soll. Diese Woche betrachten wir, wie die Desinformation Russlands auf diese Übung reagiert hat.

Desinformation zielte darauf ab, ein Bild der NATO und des Westen als Feind zu schaffen – eine aggressive militärische Großmacht, die sich seit Jahren verschwört, um Russland zu zerstören. Wir haben gehört, dass die USA seit dem Jahr 2000 einen Krieg gegen Russland vorbereitet und dass diese spezielle NATO-Übung ein Schritt von der Theorie zur Praxis war. Im Gegensatz dazu finden sie hier stattdessen einige Informationen über die Versuche von EU, NATO und dem Westen, in den Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Zusammenarbeit mit Russland aufzubauen.

Die früheren Desinformationen über die westlichen Wünsche, in neue Gebiete in der Arktis einzudringen, wurden mit Behauptungen weiterentwickelt, wonach Trident Juncture das Ziel habe, Russland daran zu hindern, die Nordostpassage zu nutzen. Lesen Sie die Fakten dazu hier.

Russophobie – immer wieder

Die Verbreitung widersprüchlicher Botschaften ist eines der Kernmerkmale der Pro-Kreml Desinformation. So verwandelte sich das Bild des Westens als militärischer Aggressor auch in ein Bild eines veralteten Bündnisses, das durch interne Spaltungen lahmgelegt wurde. Es wurden Desinformationen darüber verbreitet, dass Deutschland nur ungern Seite an Seite mit dem Rest der NATO stehe, und dass Norwegen Gefahr läuft, seine Unabhängigkeit zu verlieren und ganz zu verschwinden, weil es sich entschieden hat, diese Übung durchzuführen.

Die Gestaltung des Bildes des Westens als Feind gipfelte in einem offenen Spott. Wir sahen – wieder einmal – desinformationsorientierte Veröffentlichungen, die Botschaften wie „schweres Wetter vermasselt russophobische Übungen propagierten, und wie sich NATO-Soldaten bei einer Übung gegen Russland wieder verstümmeln. (Letztes Jahr sahen wir Behauptungen, dass Massen von NATO-Übermenschen an der russischen Grenze verletzt werden“).

Neben der Verhöhnung ist die Bedrohung ein typisches Desinformationsmuster. So hörten wir im russischen Fernsehen direkte Drohungen darüber, wie „Russland muss Bestattungsteams bilden um alle NATO-Soldaten zu begraben“.

Wie effektiv ist es, Desinformationen zu begegnen?

Am 3. November veröffentlichte die russische Botschaft in Großbritannien einige gefälschte Zahlen, um auf die angebliche NATO-Aggression an der russischen Grenzen hinzuweisen. Der Tweet erhielt 720 Shares und Kommentare – dies war aber kaum ein Grund, für das Sozialmedien-Team der Botschaft zu feiern: Zwei Drittel der Erwähnungen waren Entlarvungen.

Nur ein Drittel bestand aus unkritischen Retweets von Desinformationen. Darüber hinaus wurden bei entlarvten Nachrichten insgesamt 1,6 Millionen Twitter-Impressionen erzielt, während die Desinformation bei 630.000 erreichte.

Dieser Erfolg der offensiven Bekämpfung von Desinformation war vor allem der NATO-Sprecherin Oana Lungescu zu verdanken, die diese Desinformation zurückdrängte, indem sie auf Twitter einfache Fakten über die NATO Battlegroups postete. Der Erfolg wurde aber auch von vielen einzelnen Twitter-Nutzern angetrieben, die die russische Botschaft bloßstellten.

Diese Woche war es auch Zeit für einige gute alte historische Verschwörungen. Um die Verantwortung Russlands bei der Vergiftung von Sergej und Julia Skripal zu überschatten, nutzt das russische Fernsehen immer wieder jede Gelegenheit, um die anderen, die dasselbe tun, zu beschuldigen. Häufig scheinen diese Desinformationsbemühungen gegenläufig zu wirken, und das haben sie auch diesmal wieder gemacht. Ein Kommentator kündigte an, dass Vergiftungen seit einigen Jahrhunderten eine Spezialität der britischen Sonderdienste sind. Sein „Beweis“ war, dass bereits im 16. Jahrhundert britische Ärzte Iwan den Schrecklichen und seinen Sohn Ivan vergifteten. Sehen Sie die Fakten hier.

Irgendwie scheint es, dass die russischen Künstler bereits im 19. Jahrhundert besser informiert waren als die heutigen russischen Fernsehkommentatoren. Es wäre keine schlechte Idee, sich Ilya Repins Gemälde Ivan der Schreckliche und seinen Sohn Ivan anzusehen, um zu erfahren, dass keine britischen Ärzte auf dem Bild dargestellt werden.

Von EU vs Disinfo