Von Péter Krekó, Lóránt Győri, Edit Zgut: Hassgrüsse aus Russland – Die Aktivität prorussischer extremistischer Hassgruppen in Mittelosteuropa (April, 2017 – Eine Studie von Political Capital) (PDF)

Die vorliegende Abhandlung ist die Zusammenfassung eines fünf Staaten umfassenden einjährigen Forschungsprojekts, das die Beziehungen zwischen dem breiten Kreis der Freunde des Kremls und den politischen Kräften der mittelosteuropäischen Staaten im Allgemeinen sowie die rechtsextremen Bewegungen im Detail untersucht. Political Capital hat bereits Forschungsergebnisse über Europa und länderspezifische Studien publiziert, in denen die Beziehungen zwischen slowakischen und ungarischen politischen Akteuren untersucht werden. Außerdem wurde eine Studie über den „Export“ der ultrakonservativen, illiberalen Werte der kremlfreundlichen politischen Akteure in die mittelosteuropäischen Staaten herausgegeben.

In diesem Bereich gibt es auch andere wissenschaftliche Forschungsarbeiten. Dennoch versteht sich diese Studie als das erste Forschungsprojekt, das in erster Linie auf die gewalttätigen Abzweigungen der Strategie des russischen Staates und von dessen Stellvertretern ausgerichtet ist. Zu beobachten ist die Unterstützung extremistischer Randgruppen, um bilaterale Verbindungen zur Ukraine und zu den USA zu untergraben und die Region zu destabilisieren.

Ein Auszug aus der Zusammenfassung der Studie:

Separatismus und Irredentismus als politische Strategie

Seit dem Beginn der Ukraine-Krise haben wir rechtsradikale und extremistische Organisationen beobachtet, deren wichtigste Vertreter vor allem ethnische, religiöse und sexuelle Minderheiten als Feindbilder ins Visier nehmen, bevor sie sich geopolitischen Themen widmen. Diese Gruppen agitieren nicht nur gegen die NATO und die EU, sondern legen auch eine besondere Sympathie für Wladimir Putins Russland an den Tag, in dem sie ein ideologisches und politisches Vorbild sehen. Gleichzeitig empfinden sie eine starke Ablehnung gegen die Ukraine.

Auf Grund der zahlreichen ideologischen und persönlichen Kontakte zwischen russischen Geschäftsleuten, Politikern, Diplomaten und Organisationen, die wir in diesem Forschungsprojekt identifiziert haben, können wir behaupten, dass diese Kontakte kein Zufallsprodukt sind. Es erweckt vielmehr den Eindruck, dass diese Kontakte Teil einer größer angelegten Strategie des Kremls sind. Deren Ziel ist es, die Stabilität der Region im Allgemeinen und die bilateralen Beziehungen zur Ukraine im Besonderen zu untergraben, indem die tatsächlichen „Unruhestifter” der Region unterstützt werden: separatistische, revisionistische und ultranationalistische Organisationen. Je mehr Streitigkeiten es zwischen diesen Staaten gibt, je mehr historische Debatten über Grenzen wiederbelebt und je mehr Angst und Misstrauen in der Region verbreitet werden, desto eher geht die Strategie des Kremls auf. (…)

Wladimir Putin hat selbst denkwürdige Aussagen getätigt, die wohl die Destabilisierungswünsche Moskaus unterstreichen: „Falls jemand den Wunsch verspürt, die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu hinterfragen, dann soll er das gerne versuchen. Aber dann sollte man nicht über Kaliningrad allein diskutieren, sondern generell über ostdeutsche Gebiete, über Lwow, das vor dem Krieg Teil von Polen war, und so weiter. Da wären auch Ungarn und Rumänien. (…), dann soll er das doch versuchen – viel Spaß damit.“
Das Feilschen um territoriale Desintegration und die Unterstützung separatistischer Bewegungen ist im Handbuch des Kremls nichts Neues: Russland ist überall in der westlichen Welt in ähnliche Aktionen verwickelt, indem es derartige Akteure von der Lega Nord in Italien bis hin zum Californian Secessionist Movement unterstützt. Die osteuropäische Region, die vor 1990 zum sowjetischen Block gehörte, hat diesbezüglich eine besondere Bedeutung – vor allem seit dem Beginn der Ukraine-Krise, als der Kreml sich mit erhöhten finanziellen Mitteln und aktiveren Maßnahmen in der Region gemeldet hat.

Die durchgesickerten E-Mails von Wladislaw Surkow, dem Chefstrategen des Kremls und Drahtzieher hinter dem Anschluss der Krim an Russland, beweisen, dass die große Destabilisierungsstrategie 2014 entwickelt wurde. (Ende des Auszug( …)

Was tun?

Um dieser Bedrohung entgegenzutreten, schlagen wir folgende Schritte vor:

  1. Russischer Einfluss in der Region sollte als Bedrohung für die Sicherheit wahrgenommen werden. Die Innenminister und die Spionageabwehr müssen genügend Personal, Mittel und politische Unterstützung zur Verfügung haben, um derartige Verbindungen identifizieren zu können.
  2. Politiker in Mittelosteuropa sollten das Offensichtliche bei bilateralen Verhandlungen mit Russland nicht mehr ignorieren. Klare russische Versuche, ihre innenpolitische Landschaft zu verändern, sollten zur Sprache gebracht werden – genauso wie die Versuche des Kremls, gewalttätige Organisationen als Instrumente zu nutzen. Diese Themen sollten auf bilateraler Basis diskutiert werden.
  3. Die finanziellen Verbindungen zwischen extremistischen Organisationen und Russland sollten offiziell untersucht, die kürzlich durchgesickerten Informationen sollten in den kommenden Monaten ausgewertet werden (Surkow-Dokumente, Usowski-Mails, Laundromat-Ermittlungen).
  4. Eine weit angelegte Durchleuchtung der Strafverfolgungsbehörden ist dringend nötig. Die Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste (vor allem in postkommunistischen Staaten) sind durch die russischen Geheimdienste unterwandert, was die Chancen eines erfolgreichen Auftretens gegen diese Bedrohungen erheblich mindert.
  5. Die Bedrohung durch die russische Informationskriegsführung und deren politischen Einfluss sollten in die öffentlichen nationalen Sicherheitsdokumente und den Bewertungen der Staaten Eingang finden. Ein Beispiel dafür ist die Tschechische Republik, noch ist aber kein anderer Staat in der Region diesem Muster gefolgt.
  6. Die kremltreue Gesinnung fällt im Euroskeptizismus und im Antiamerikanismus auf einen fruchtbaren Boden. Die politischen Kräfte, die den russischen Einfluss eindämmen möchten, sollten auf die antiwestliche Rhetorik verzichten.
  7. Stärker integrierte Geheimdienste. Um den Widerwillen bestimmter Staaten – wie Ungarn – zu überwinden, die potenziellen Gefahren der russischen Einflussnahme darzustellen und um die paneuropäische Natur dieser Bedrohung anzuerkennen, sollte sich die Europäische Union um besser integrierte Geheimdienste in der EU durch den Europäischen Rat oder sogar die Europäisch Kommission einsetzen.
  8. Mehr transatlantische politische Investitionen durch die USA. In den vergangenen Jahren ließ sich beobachten, dass die „leicht isolationistische“ Haltung der vorigen US-Administration die negative wirtschaftliche und politische Einflussnahme in der Region ermutigt hatte. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, sollten die USA ihr Engagement für die Region intensivieren – die der Nährboden der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts war.

Von Péter Krekó, Lóránt Győri, Edit Zgut: Hassgrüsse aus Russland – Die Aktivität prorussischer extremistischer Hassgruppen in Mittelosteuropa (April, 2017 Eine Studie von Political Capital) (PDF) ISBN 978-963-9607-16-3

Link: http://www.politicalcapital.hu/pc-admin/source/documents/PC_NED_summary_analysis_DE_20170428.pdf

Link (Englisch): http://www.politicalcapital.hu/news.php?article_read=1&article_id=933