Paul Goble, Window on Eurasia

Moskau hat Archäologen nach Sandarmokh entsandt mit dem Ziel, die Geschichte a la Katyn neu zu schreiben. Sandarmokh ist der Ort in Karelien, an dem mehr als 10.000 der Opfer Stalins begraben wurden. Moskau behauptet nun, dass die dort Begrabenen während des Winterkriegs von den Finnen und nicht von der sowjetischen Diktatur getötet wurden.

Sandarmokh erregte ab den 90er Jahren Aufmerksamkeit, dank der heroischen Bemühungen von Ermittlern wie Juri Dmitrijew und Sergej Koltyrin, auf Stalins Verbrechen aufmerksam zu machen. Die Behörden haben sie beide wegen gefälschter Anschuldigungen eingesperrt, aber das reichte nicht aus, um zu verschleiern, was sie bewiesen haben.

Folglich hat Moskau, wie das Expertenportal Region.expert berichtet, neue Kräfte eingesetzt, in diesem Fall die russische militärhistorische Gesellschaft, deren Mitglieder sich nun an weiteren Ausgrabungen der Stätte beteiligen, um nicht zusätzliche Bestätigung dessen zu geben, was Dmitriyev und Koltyrin gefunden haben, sondern sie zu widerlegen (region.expert/sandarmokh/).

Auf ihrer Webseite gibt die Gesellschaft das zu (rvio.histrf.ru/activities/news/item-6524). In Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsausschuss, sagt die Gesellschaft , dass sie „die von Moskauer Historikern im Jahr 2016 vorgetragene Hypothese“ überprüft, dass „in Sandarmokh nicht nur (oder sogar nicht so viele) Opfer sowjetischer Repressionen wie Gefangene aus finnischen Konzentrationslagern“ begraben sind.

Eine Expertin von Region weist darauf hin, dass „was wir hier beobachten, ist die offene Fälschung der Geschichte, wie sie imperiale Propagandisten gerne ihren Gegnern vorwerfen. Dies ist offensichtlich ein direkter Befehl des Kremls, die „unbequeme“ Erinnerung an den sowjetischen Terror auszulöschen und durch „siegreiche“ Mythen zu ersetzen.“

„Das Imperium kann nur mit Hilfe dieser Mythen weiterbestehen“, fährt das Portal fort; „aber wenn Karelien seine Souveränität wiedererlangt, wird es auch ein angemessenes Studium der Geschichte wiederherstellen.“

In der Zwischenzeit arbeiten andere hart daran, genau das zu tun, nicht nur, indem sie helfen, Dmitriyev und seine Kollegen gegen die falschen Anschuldigungen zu verteidigen, sondern auch eine Facebook-Seite einzurichten, die aufzeichnet, was diese Beamten und ihre archäologischen Mitverschwörer tun (facebook.com/groups/sandarmokh/).

Diese Gruppe hat jetzt fast 300 Mitglieder, wird fast täglich aktualisiert und ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das Internet es dem Kreml viel schwerer macht, eine unangefochtene Lüge über die Vergangenheit zu verbreiten.

Paul Goble, Window on Eurasia