Im Internet werden Fehlinformationen verbreitet, wonach die Bombardierung einer Entbindungsklinik in Mariupol am 9. März „eine große Inszenierung der ukrainischen Propaganda“ war und die Rolle der verletzten Frauen in den Wehen von einer schwangeren Bloggerin aus Mariupol „inszeniert“ wurde. 

Anschließend wurde die Information über die angebliche „Fälschung“ des Fotos der verletzten Frauen in den Geburtswehen über den Twitter-Account der russischen Botschaft im Vereinigten Königreich verbreitet, aber einige Stunden später – nach zahlreichen Beschwerden von Nutzern über den Tweet – verschwand dieser von der Seite @RussianEmbassy.

Tweet zum Beschuss der Entbindungsklinik in Mariupol ab 16:40. Tweet noch online.

Tweet zum Beschuss des Entbindungskrankenhauses in Mariupol (Stand: 20:35 Uhr). Tweet nicht mehr online.

Die Medien, die die gefälschten Informationen verbreiten, verwenden insgesamt drei Argumente“, um von einer angeblich Inzenierung des Angriffs auf die Geburtsklinik zu sprechen: Erstens hätten sich zu Zeit des Angriffe Mitglieder des Battalion Asow in der Entbindungsklinik aufgehalten; zweitens gebe es nur drei Fotos und nur wenige Frauen in Geburtswehen; drittens sei auf allen Fotos dieselbe Frau zu sehen, die lediglich ihre Kleidung gewechselt habe, um verschiedene Frauen zu „spielen„.

Das Hauptargument der Propagandisten ist, dass „das Mädchen auf keinen Fall in der Entbindungsklinik gelegen haben kann, da diese schon seit langem von den Asow-Neonazis besetzt war“. Diese Version wurde auch in einem Tweet der russischen Botschaft im Vereinigten Königreich geäußert: „Die Entbindungsklinik ist seit langem nicht mehr in Betrieb. Es wurde von den ukrainischen Streitkräften und Radikalen, insbesondere dem neonazistischen Asow-Bataillon, genutzt.“

Die Telegrammsender verwenden das am 8. März veröffentlichte so genannte „Interview mit einer Mitarbeiterin der Entbindungsstation“ als Bestätigung für dieses „Argument“. Wenn man auf den Link zum „Interview“ klickt, sieht man einen Bericht von Dmitry Plotnikov auf Lenta.ru über die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine in der Donezker Volksrepublik.

Der Artikel selbst enthält keine Interviews mit dem Personal der Entbindungsstation. Stattdessen ist von einem Mann die Rede, „dessen Name Igor ist. […] Er sagte, dass in den letzten Februartagen Leute in Uniform in die Geburtsklinik kamen, in der seine Mutter arbeitet. Er weiß nicht, ob es sich um Soldaten der ukrainischen Streitkräfte oder des Asow-Bataillons handelte. Die Militärs sollen alle Schlösser aufgebrochen, die Entbindungsklinik aufgelöst und Schießanlagen im Gebäude errichtet haben, um, wie sie den medizinischen Personal erklärten, die Verteidigung der „Festung Mariupol“ vorzubereiten.  

Es gibt auch eine andere Variante der Propaganda im Netz, in der behauptet wird, dass „wenn es wirklich Frauen in den Geburtswehen gegeben hätte, die Rettungskräfte und Augenzeugen, die als erste vor Ort waren, sofort Fotos von der Szene mit ihren Handys gemacht hätten, ohne auf den berühmten Reportagefotografen zu warten“. 

Tatsächlich finden wir solche Fotos und Videos aber auf der Facebook-Seite der Polizei von Donezk!

Auch ein Propaganda-Telegramm-Kanal bemerkte: „Auf den Aufnahmen, die nach dem Einschlag der Rakete in der Nähe der Entbindungsklinik gemacht wurden, sind keine Verletzten zu sehen. Im Krankenhaus sind weder Mütter mit Kindern noch Ärzte anwesend. Nur die Fenster sind zerbrochen und die Möbel im Inneren verbogen“.

Ganz im Gegenteil: Wir haben ein Video der Nationalen Polizei der Ukraine und der Associated Press gefunden, auf dem sowohl Mütter mit Babys als auch noch mehr Frauen mit Geburtswehen im Bild zu sehen sind. 

In einem der Videos ist auch eine verletzte Frau in den Wehen zu sehen, die auf einem der von den Propagandisten als „Fälschung“ bezeichneten Fotos abgebildet ist.

Das dritte „Argument“ der Propagandisten war, dass eine Frau „zwei verschiedene schwangere Frauen auf einmal spielt: Sie musste sogar ihre Kleidung und ihre Farbe wechseln„. Dem Vorwurf sind zwei Fotos beigefügt.

Aber: Wenn wir die Fotos der beiden Frauen vergleichen, sehen wir sehr deutlich, dass die Frauen erstens nicht nur unterschiedliche Kleidung und Make-up tragen, die nach Ansicht der Propagandisten geändert worden sein könnten, sondern auch zweitens, dass ihre Haare eine andere Farbe haben. Es sind definitiv zwei unterschiedliche Frauen und nicht die gleiche Frau!

Darüber hinaus zeigt das Video von Associated Press, wie Retter eine andere Frau auf einer Bahre die gleiche Treppe hinuntertragen.