Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten bereiten sich darauf vor, eine vollständige Zensur des Internets einzuleiten. Darüber berichtet die russische  Ausgabe von RT am Anfang dieses Monats. Das Medium argumentiert, dass ein kürzlich vom Chatham House vorgelegter Bericht die vollständige Kontrolle über den virtuellen Informationsbereich in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union fordert. RT zitiert russische Medienexperten, die behaupten, dass der Westen das Internet kontrollieren will, um den Einfluss ihrer eigenen Propaganda zu erhöhen und die Kontrolle über Informationsflüsse zu etablieren. Der Artikel erklärt auch, dass Russland keine Desinformationen verbreitet, und die westlichen Länder angeblich endlich beginnen würden, dies zu verstehen.

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„Heute beginnen immer mehr Menschen im Westen zu verstehen, dass das russische Vorgehen  die Situation in Syrien stabilisiert hat, dass Russland sich nicht in die US-Wahlen eingemischt hat und dass die Rolle der Ukraine bei der MH17-Katastrophe überprüft werden sollte. Natürlich belasten all diese Faktoren unsere westlichen Partner und nach der Analyse der Situation haben sie sich entschieden, den Weg der Zensur von Informationkanälen zu gehen“, schreibt RT.

Website Chatham House

Chatham House hat im September dieses Jahres tatsächlich ein Forschungspapier veröffentlicht, das sich mit der Reichweite digitaler Medien befasst, aber es geht in dem Papier nicht um die Zensur des Internets, sondern um die Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA bei der Bekämpfung von Desinformationen.

Das Papier analysiert die Verbreitung von Propaganda in sozialen Netzwerken und Medien allgemein und geht der Frage nach, wie westliche Länder Desinformationen in Zukunft entgegenwirken können. Das Papier fordert keine totale Kontrolle des Internets, wie RT behauptet, sondern analysiert nur die Elemente des Informationskrieges und betont, dass Desinformation eine der größten Bedrohungen für die Demokratie in der modernen Welt ist.

Chatham House

Das Papier identifiziert Russland als die Hauptquelle für Desinformationen in der Welt. Dementsprechend nutzt der Kreml alle verfügbaren Methoden, um gefälschte Informationen über Schlüsselthemen zu verbreiten – wie den Abschuß von MH17 durch das russische Militär 2014, die Wahlen in den USA und die Vergiftung des ehemaligen russischen Spions Skripal.

Das Papier stellt fest, dass Nordkorea, Iran und China auch Desinformationen einsetzen, die sich gegen die EU und die USA richten.

Das Papier schlägt mehrere Möglichkeiten zur Bekämpfung gefälschter Informationen vor, vor allem die Beseitigung von Monopolen bei digitalen Unternehmen, die Weiterbildung von Mitarbeitern auf allen Regierungsebenen, die Zusammenarbeit von Analysten aus verschiedenen Bereichen, Wahlkommissionen, Kommunikationsexperten, Journalisten, dem Gesetzgeber und der Zivilgesellschaft. An der Spitze dieser Vorschläge steht die Reform der eigentlichen journalistischen Gemeinschaft und die Stärkung des Vertrauens in die Medien und Politiker. Um dies zu erreichen, wird in den Papier empfohlen, die Meinungsfreiheit nicht durch die Einführung der Zensur einzuschränken, sondern die demokratischen Mechanismen zu verbessern, um eine vollständige Transparenz der Arbeit der Medien zu schaffen, indem die Quellen der Medienfinanzierung und des Eigentums genannt werden.

„Eine Medienreform [sollte] die Aktualisierung der nationalen Regulierungsbehörden, des Wettbewerbsrechts und der Aufsichtsmechanismen umfassen und sollte in Zusammenarbeit mit Kartellbehörden, der Zivilgesellschaft und Journalisten geprüft werden. Der lokale Journalismus sollte angemessen finanziert werden.“ (S. 40-41)

Es ist notwendig, den Kodex der journalistischen Ethik und Standards zu aktualisieren, betonen die Autoren des Papier. Trotz der Tatsache, dass Journalisten verpflichtet sind, sich an den Grundsatz der Wahrhaftigkeit der Information zu halten, führen Verstöße gegen diesen Grundsatz nicht zu einem Reputationsschaden für die Medien, die Fälschungen verbreiten.

Im Idealfall sollten Medien, die unwahrheitsgemäße Informationen veröffentlichen, letztendlich das „Vertrauen“ ihrer Leser verlieren. Alle Innovationen müssen schrittweise und absolut demokratisch eingeführt werden, um die Meinungsfreiheit nicht zu verletzen.