Die russische Propaganda stellt den Beitrag eines ukrainischen Aktivisten in den sozialen Medien als eine Erklärung aller Ukrainer dar. In Wirklichkeit haben ukrainische Geflüchtete keine Forderung gestellt, Ukrainisch als zweite Amtssprache in Polen einzuführen. In der polnischen Verfassung ist eindeutig festgelegt, dass Polnisch die einzige Amtssprache des Landes ist und von der Mehrheit der in der Republik lebenden Menschen gesprochen wird. Minderheiten haben die Möglichkeit, ihre Sprache als Hilfssprache zu verwenden, wenn sie mindestens 20 % der Bevölkerung in einer Gemeinde ausmachen und im offiziellen Register der Gemeinde, in der die Hilfssprache verwendet wird, eingetragen sind. Derzeit hat die ukrainische Sprache in keiner der Gemeinden einen solchen Status.

Pro-Kreml-Medien verbreiten eine weitere Fälschung zum Thema der ukrainisch-polnischen Beziehungen, indem sie behaupten, dass die Ukrainer nun Ukrainisch als zweite Amtssprache in Polen wünschen

,,Während die Polen von der Wiedervereinigung mit der Westukraine träumten, scheinen sie eine neue Gefahr verschlafen zu haben“, warnt die Komsomolskaja Prawda,,Geflüchtete aus der Ukraine haben die Anerkennung ihrer Sprache als Amtssprache in Polen gefordert und damit die Einheimischen verärgert“, berichtet die Nachrichtenquelle NewInform.

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Screenshot – newinform.com

Was die russische Propaganda als Forderung aller ukrainischen Geflüchteten darstellt, ist in Wirklichkeit ein einzelner Beitrag – eine Reaktion auf einen Artikel des ukrainischen Aktivisten Igor Isayev in der polnischen Zeitung Wyborcza.pl. Die Wyborcza veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift ,,Fast jeder dritte Einwohner von Breslau ist Ukrainer. Und es werden immer mehr. In dem Artikel wurde eine Studie der Union der Polnischen Metropoliten erörtert, aus der hervorging, dass Breslau nach Warschau die zweite polnische Stadt ist, in der derzeit die meisten Ukrainer leben. Die Daten der Analysten zeigen auch, dass es immer mehr Ukrainer gibt, die sich oft für Großstädte entscheiden, um in Polen zu leben. Die Experten betonten auch, dass ,,die Dynamik der räumlichen Veränderungen in der ukrainischen Bevölkerung den Erwartungen sehr gut entspricht“. 

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Als Reaktion auf den genannten Artikel schrieb nun Igor Isayev auf seiner Meta-Seite, dass „das Gesetz über nationale Minderheiten die Einführung einer Hilfssprache (und auch zweisprachiger Beschilderung) in der Gemeinde erlaubt, wenn mindestens 20 % Minderheiten vorhanden sind. Wir haben keine Auslegung, wie dies bei Zuwanderern der Fall ist, obwohl das Gesetz dies nicht ausdrücklich sagt. In den großen polnischen Städten können wir jedoch bereits dafür kämpfen, dass Ukrainisch eine zweite Staatssprache wird.

Igor Isayev hat selbst ca. 30.000 Follower bei Facebook, also durchaus eine gewisse Relevanz. Allerdings ist dieser Post seine Privatmeinung und kann nicht als Repräsentanz aller UkrainerInnen in Polen gesehen werden. Deswegen ist festzuhalten, dass es keine Forderungen im Allgemeinen gibt. Außerdem ist es rechtlich unmöglich. In der Republik Polen ist die einzige Amtssprache Polnisch. Dies ist in der Verfassung des Landes in Artikel 27 festgelegt.

,,Die offizielle Sprache in der Republik Polen ist Polnisch. Diese Bestimmung verstößt nicht gegen die Rechte der nationalen Minderheiten, die sich aus ratifizierten internationalen Verträgen ergeben“, heißt es in der polnischen Verfassung.

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Polen hat auch ein Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten und über die Regionalsprachen. Dem Dokument zufolge gelten die Ukrainer als nationale Minderheit und haben das Recht, ihre Minderheitensprache sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben zu verwenden, Informationen in ihrer Minderheitensprache zu verbreiten und auszutauschen, Informationen privater Natur zu veröffentlichen und in ihrer Sprache zu studieren und zu lernen, usw.

Darüber hinaus sieht Artikel 9 des Gesetzes vor, dass eine Minderheitensprache unter folgenden Bedingungen als Hilfssprache in den Gemeinden verwendet werden kann

,,Eine Hilfssprache darf nur in Gemeinden verwendet werden, in denen die Zahl der Einwohner der Gemeinde, die einer Minderheit angehören, deren Sprache als Hilfssprache verwendet werden soll, mindestens 20 % der Gesamteinwohner der Gemeinde beträgt und die in das amtliche Register der Gemeinden, die Hilfssprachen verwenden, eingetragen sind.

Es ist dann möglich, sich schriftlich oder mündlich in einer Hilfssprache an die Gemeindeverwaltung zu wenden, Antworten zu erhalten usw. Auf diese Weise regelt Polen das Recht, die kulturelle Identität der verschiedenen nationalen Minderheiten zu bewahren und zu entwickeln, aber es gibt nur eine Amtssprache – Polnisch. Es ist in der Sache erwähnenswert, dass Ukrainisch in Polen derzeit nicht den Status einer Hilfssprache hat.

Screenshot – gov.pl

StopFake hat wiederholt Fälschungen und Desinformationsnarrative widerlegt, die die russische Propaganda den ukrainisch-polnischen Beziehungen widmet. Sie können darüber folgende Artikel lesen:

Manipulation: Polen erhielt von Kyjiw das Recht, ukrainische Pässe auszugeben; Fälschung: Ukraine fordert Polen auf, alle Männer aus dem Land zu deportieren, die an die Front geschickt werden sollen – Dokument, Manipulation: Polen hat sich Lwiw, Lutsk und Riwne ‚angeeignet‘.