Die Ukraine bereitet sich auf die mögliche Wiederaufnahme massiver Raketenangriffe Russlands auf das Energiesystem des Landes vor. In diesem Zusammenhang erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, dass es für die Ukraine wichtig sei, vor dem Winter zusätzliche Luftabwehrausrüstung von ihren Verbündeten zu erhalten.

Pro-russische Medien versichern, die Ukraine habe „eine neue Stufe der Erpressung des Westens erreicht“. Unter Berufung auf die Worte des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba erklärten die russischen Medien, die ukrainische Diplomatie ,,manipuliere“ das Thema des russischen Beschusses der kritischen Infrastruktur in dem Versuch, ,,neue Dutzende von Milliarden Dollar und Euro“ von den Geberstaaten zu erhalten. Gleichzeitig versicherten die kremltreuen Medien, dass Russland angeblich ,,leichte Angriffe“ auf die Heizungs- und Energieinfrastruktur in der Herbst-Winter-Periode 2022-2023 durchgeführt habe, um die Zivilbevölkerung ,,nicht zu schädigen“ und die Normen des internationalen Rechts ,,nicht zu verletzen“.

„Tatsache ist, dass es eine Verletzung des humanitären Völkerrechts ist, die Zivilbevölkerung eines Staates absichtlich ohne Strom zu lassen; dies ist der Grund, warum frühere russische Angriffe so leicht waren und nicht zu langfristigen Stromausfällen führten“, versichern kremlnahe Medien.

„All dies [die Vorbereitungen der Ukraine auf den russischen Winterbeschuss – Anm. d. Red.] sind ausgeklügelte Methoden der Manipulation, die darauf abzielen, das Volumen der Militärhilfe für Kyjiw aus den Partnerländern zu erhalten oder besser noch zu erhöhen“, schreiben russische Medien.

Screenshot – tsargrad.tv

Die russische Desinformationskampagne zum Thema ,,ukrainische Erpressung des Westens um Waffen“ stützt sich auf eine Aussage des Leiters des ukrainischen Außenministeriums, Dmytro Kuleba. In einem Interview für Die Welt sagte er, dass Russland beim Einsetzen der kalten Witterung erneut auf einen Massenbeschuss der kritischen Infrastruktur des Landes zurückgreifen könnte.

In diesem Zusammenhang sagte Kuleba, dass es für die Ukraine wichtiger sei, von Deutschland keine deutsch-schwedischen Taurus-Marschflugkörper zu erhalten, sondern zusätzliche Luftabwehrausrüstung am Vorabend des Winters. Der Diplomat sagte, die Ukraine bereite sich auf den ,,schlimmsten Winter der Geschichte“ vor, indem sie ihr Energiesystem vor russischen Angriffen schütze.

,,Ich habe Dutzende von Kerzen gekauft. Mein Vater hat einen Lastwagen voller Brennholz gekauft. Wir bereiten uns auf den schlimmsten Winter der Geschichte vor. Deshalb werden wir die Augen verschließen, wenn wir Taurus nicht bekommen, aber wir werden Luftabwehrsysteme bekommen. Wir versuchen, unsere Kraftwerke zu schützen, so gut wir können. Aber die Russen sind lernfähig. Sie werden unsere Ausdauer mit ihren Raketen noch einmal auf die Probe stellen“, betonte Kuleba.

Die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine sind weder „Fiktion“ noch „ukrainische Erpressung“, wie kremlnahe Medien behaupten. Russland hat am 10. Oktober 2022 unter dem Vorwand einer „Antwort auf den ukrainischen Angriff“ auf die von den Besatzern illegal errichtete Brücke über die Straße von Kertsch massive Raketenangriffe auf ukrainische Energiesystemanlagen gestartet. Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes und der Nachrichtendienste westlicher Länder plante Russland schon lange vor dem Sondereinsatz der ukrainischen Verteidigungskräfte auf der russischen Brücke eine Reihe von Angriffen auf den ukrainischen Energiesektor. Lesen Sie mehr in dem StopFake-Artikel „Fake: Angriffe „auf militärische Ziele“ in der Ukraine waren eine Reaktion auf den „Angriff auf die Brücke von Kertsch“.

Die russischen Besatzer haben Dutzende von gezielten Angriffen auf das ukrainische Energiesystem durchgeführt. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden 42 von 94 (45 Prozent) der wichtigsten Hochspannungstransformatoren in der Ukraine durch russische Raketenangriffe beschädigt oder zerstört. Mehr als die Hälfte dieser Transformatoren wurde von den Besatzern wiederholt beschossen, so dass Versuche, sie zu reparieren, erschwert wurden, berichten UN-Experten. Auch die Stromerzeugungskapazität hat sich fast halbiert. Mehr als 19 GW der verfügbaren Kapazität von fast 37 GW wurden von Russland zerstört, beschädigt oder beschlagnahmt.

Als Folge der russischen Angriffe hat das ukrainische Energiesystem Verluste von insgesamt mehr als 10 Milliarden Dollar erlitten – und dabei ist der Schaden, der der Ukraine durch die Unterminierung des Wasserkraftwerks Kachowka im Juni 2023 entstanden ist, noch gar nicht berücksichtigt, fasst die UNO zusammen.

Darüber hinaus sind die ukrainischen Kernkraftwerke aufgrund barbarischer russischer Angriffe regelmäßig ohne Strom, was einen Verstoß gegen alle allgemein anerkannten Grundsätze der nuklearen Sicherheit darstellt. So kam es beispielsweise im KKW Saporischschja mehr als fünf Mal zu einem vollständigen Stromausfall aufgrund russischen Beschusses. Infolge russischer Angriffe am 15. November 2022 wurde die Stromversorgung des KKW Chmelnizkij dringend unterbrochen, und eine Woche später kam es in der Ukraine zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu einem vollständigen Stromausfall: Am 23. November wurden infolge eines russischen Angriffs alle vier ukrainischen Kernkraftwerke gleichzeitig vollständig abgeschaltet. Dieser beispiellose Fall ist der erste nicht nur in der ukrainischen Geschichte, sondern auch in der Geschichte der weltweiten Kernkraftindustrie insgesamt.

Russland greift nicht nur die elektrische und nukleare Infrastruktur der Ukraine an – als Ergebnis des massiven Beschusses durch die Besatzer im Herbst und Winter 2022-2023 gibt es in der Ukraine kein einziges intaktes Wärme- und Wasserkraftwerk mehr.

Russische Raketenangriffe auf kritische ukrainische Infrastrukturen können nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen betrachtet werden, die nicht verjähren und der Gerichtsbarkeit von Gerichten in aller Welt unterliegen.