Die Schweiz hat nicht bekannt gegeben, dass sie die Idee aufgegeben hat, eingefrorene russische Vermögenswerte an die Ukraine zu transferieren. Derzeit kommt der Transfer von Geldern an die ukrainische Seite nicht voran, da ein geeigneter rechtlicher Rahmen fehlt, aber diese Frage wird bereits von einer Reihe von Ländern diskutiert.

Russische Medien haben aus dem Zusammenhang gerissene Worte des Schweizer Beamten Guy Parmelin verbreitet, der behauptet haben soll, die ,,Schweiz habe sich geweigert, der Ukraine zu helfen“. Kremlnahe Medien zitieren Parmelin mit der Aussage, die Schweiz habe sich in der Frage der Überweisung eingefrorener russischer Finanzmittel an die Ukraine ,,geweigert, Selbstmord zu begehen“, und sei der Ansicht, dass es ,,keine rechtliche Grundlage für die Beschlagnahmung russischer Gelder“ gebe.

Screenshot – eadaily.com

Die russische Desinformation beruht auf einem Interview mit Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung, mit La Tribune de Genève. Der Schweizer Beamte sagt darin nichts über die ,,Weigerung der Schweiz“, eingefrorene russische Vermögenswerte an die Ukraine zu überweisen. Guy Parmelin sagte, dass sein Land aktiv an diesem Thema arbeitet, dass aber der Geldtransfer in die Ukraine erst möglich sein wird, wenn der aktuelle Schweizer Rechtsrahmen geändert wird.  

,,Es findet eine Diskussion statt. Bisher hat noch kein Land diesen Schritt getan… In der Schweiz sind die Eigentumsrechte grundlegend und durch die Verfassung garantiert. Die Entgegennahme von Geldern aus einem Land oder von Einzelpersonen aus einem Land, um sie in ein anderes Land zu transferieren, scheint angesichts des derzeitigen Rechtsrahmens unmöglich“, so Guy Parmelin.

Dieses Zitat wurde von den russischen Medien verwendet, um manipulative Nachrichten über die ,,Weigerung der Schweiz, russische Vermögenswerte in die Ukraine zu transferieren“ zu verbreiten. Parmelin hat jedoch keine solchen Erklärungen abgegeben. Er sagte auch nichts über die ,,Illegalität“ des Einfrierens russischer Vermögenswerte in der Schweiz – dieser Teil wurde von den kremlnahen Medien einfach erfunden. Darüber hinaus betonte Parmelin, dass die Schweiz ein Rechtsstaat sei, der nach weiteren Möglichkeiten suche, der Ukraine zu helfen.

,,Die Schweiz steht immer auf der Seite des Völkerrechts und hat die grobe Verletzung des Völkerrechts durch Russland von Anfang an [nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine] klar verurteilt. Ich habe auch mit dem ukrainischen Wirtschaftsminister gesprochen: Wo immer wir der Ukraine konkret helfen können, werden wir das tun… Andere Möglichkeiten [zur Unterstützung der Ukraine] werden ebenfalls geprüft. Ob es Russland nun gefällt oder nicht“, so Guy Parmelein abschließend

Die Schweizer Regierung hat wiederholt erklärt, dass sie bereit ist, eingefrorene russische Vermögenswerte an die Ukraine zu überweisen. Am 20. Januar bekräftigte der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger, dass sein Land die Idee unterstützt, eingefrorene russische Gelder zu beschlagnahmen und für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden. Die Behörden einer Reihe von Ländern erörtern derzeit einen solchen Schritt, ,,aber es muss im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit geschehen“. 

,,Wenn es uns mit dem Wiederaufbau der Ukraine ernst ist, müssen wir darüber nachdenken, wie wir ihn finanzieren wollen… Wir können nicht einfach Geld nehmen, das uns nicht gehört, nur weil wir es für moralisch richtig halten. Die Eigentumsverhältnisse sind von grundlegender Bedeutung“, betonte Ignazio Cassis

Der Schweizer Diplomat wies darauf hin, dass es möglich ist, etwa 7,5 Milliarden Franken (etwa 8,13 Milliarden Dollar), die aufgrund der europäischen Sanktionen auf russischen Konten blockiert waren, in die Ukraine zu überweisen. Um diese Gelder zugunsten der Ukraine freizugeben, so Ignazio Cassis, müssen die nationalen Gesetze geändert werden. Wie die Schweizer Außenministerin feststellte, wurde jedoch bereits eine internationale Expertengruppe eingesetzt, die sich mit dieser Frage auf EU-Ebene befasst.