Diese Behauptung ist eine Manipulation. In der Umfrage, an der nur 1.307 Personen teilnahmen, waren die Meinungen gerade über die bestehende Militärhilfe für die Ukraine geteilt. Die Umfrage enthielt keine Antwort für oder gegen eine Erhöhung der Waffenlieferungen an die Ukraine. 41 % der Deutschen bezeichnen die bestehende Versorgung als ausreichend, jeder Dritte als übermäßig und 21 % als unzureichend.

In sozialen Netzwerken und auf Websites wird die Information verbreitet, dass über 70 % der Deutschen angeblich eine Erhöhung der Militärhilfe für die Ukraine ablehnen. Die Autoren der Veröffentlichungen beziehen sich auf eine Umfrage, die für den ARD-DeutschlandTrend durchgeführt wurde. ,,Deutsche rebellieren gegen höhere Militärhilfe für die Ukraine“, ,,Umfrage: Mehr als 70 % der Deutschen gegen höhere Militärhilfe für die Ukraine“, so lauteten die Schlagzeilen in russischen Medien. Bei diesen Behauptungen handelt es sich um Manipulationen.

Screenshot- facebook.com

Mehr als 70 % der Deutschen sprachen sich nicht gegen eine Erhöhung der Militärhilfe für die Ukraine aus. Die Fragen in der zitierten deutschen Umfrage klangen anders und implizierten keine Antwort ,,für“ oder ,,gegen“ eine Erhöhung der Waffenlieferungen an die Ukraine.

Infratest dimap hat eine Umfrage im Auftrag des ARD-DeutschlandTrends durchgeführt, der regelmäßig die Ergebnisse verschiedener aktueller Umfragen unter deutschen Wählern bekannt gibt. Diesmal haben 1.307 wahlberechtigte Deutsche an der Umfrage teilgenommen. Die Umfrage wurde vom 31. Oktober bis zum 2. November per Telefon oder online durchgeführt. Die Frage zu den Waffenlieferungen an die Ukraine lautete: ,,Russland ist Ende Februar in die Ukraine einmarschiert. Deutschland reagierte mit unterschiedlichen Maßnahmen. Bitte geben Sie im Folgenden jeweils an, ob sie angemessen, übermäßig oder unzureichend sind (…) im Hinblick auf die Unterstützung der Ukraine durch Deutschland mit Waffen?“ Gleichzeitig bezeichnen 41 % der Deutschen die Höhe der Militärhilfe als ausreichend – ein Anstieg um 2 % seit August dieses Jahres. 30 % der Deutschen halten das Angebot an Waffen für zu groß – das sind 2 % weniger als im August. 21 % bezeichneten die Hilfe für die Ukraine als unzureichend, das sind ebenfalls 2 % weniger als vor zwei Monaten. Die restlichen 8 % hatten wahrscheinlich Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Folglich befürworten alle drei Kategorien von Deutschen die Lieferung von Waffen an die Ukraine, der einzige Unterschied besteht in der erwarteten Menge.

Screenshot – tagesschau.de

Und: ,,Die Deutschen sind auch in Bezug auf die Sanktionen gegen Russland gespalten. Für 37 % sind sie nicht ernst genug, für 31 % angemessen und für 23 % zu stark. (…) Auch sechs von zehn (61%) Deutschen sind derzeit besorgt, dass Russland andere europäische Länder angreifen wird“, berichtet Presseportal.de.

Die Beziehungen Deutschlands zur UdSSR bzw. später zu Russland waren nach 1945 eine Besonderheit:

  • 1.) Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sah Russland, und nur Russland, als Sieger über den Nationalsozialismus und hat bis heute einen Schuldkomplex gegenüber Russland. Dieser Umstand hindert große Teile der deutschen Bevölkerung daran, die Tatsache voll und ganz zu akzeptieren, dass es nun Russland ist, das sich selbst in einen faschistischen Staat verwandelt hat und einen umfassenden Krieg mit einem Nachbarland, der Ukraine begonnen hat.
  • 2.) Die Besonderheiten der (west)deutschen Anti-Kriegsbewegung bzw. der Anti-Aufrüstungsdebatten der 1980er Jahre spielen dabei im Gedächtnis vieler pazifistischer Kreise auch noch eine entscheidende Rolle, sich nicht kritisch und realitätsbezogen mit dem heutigen Russland auseinanderzusetzen und speisen eine Skepsis, dass militärische Mittel ein Instrument von Politik sein sollte.
  • 3.) Zweitens sind Themen wie Waffenlieferungen und die eigenen Streitkräfte auch in Deutschland Themen, die viele immer noch mit den Zeiten des Dritten Reich assoziieren. Waffen und Waffenlieferungen werden von einem Teil der deutschen Bevölkerung immer noch mit Offensivangriffen (aufgrund eigener historischer Ereignisse) und nicht mit der Landesverteidigung in Verbindung gesetzt. Auch aus diesem Grund hat Deutschland u.a. in den letzten Jahrzehnten gezielt die Bundeswehr stückweise abgerüstet und die Zahl der Bundeswehrsoldaten bzw. den Umfang an Militärtechnik signifikant reduziert. Die Zahl der Bundeswehrangehörigen ist seit 1990 bis 2019 um 60 % zurückgegangen, nachdem die Wehrpflicht 2011 ganz ausgesetzt wurde. Die inflationsbereinigten Verteidigungsausgaben sind zwischen 1990 und 2014 um 34 Prozent gesunken und seitdem nur noch geringfügig gestiegen. Der Anteil des Verteidigungshaushalts an der deutschen Wirtschaftsleistung ist im Vergleich zu anderen Sektoren noch weiter gesunken.

Zusammenfassend ist die ,,Nachricht“, dass mehr als 70 % der Deutschen ,,gegen eine Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine aufbegehren“, eine Manipulation.

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