Am 1. Oktober kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an, dass sich die Ukraine bereit erklärt habe, die sogenannte Steinmeier-Formel zu übernehmen, um den Krieg in der Ostukraine zu beenden. In der Ankündigung betonte Selenskyj, dass die Kommunalwahlen in Donbas nur in Übereinstimmung mit dem ukrainischen Recht und erst nach dem Abzug von allen ausländischen Truppen aus den besetzten Gebieten abgehalten werden können und wenn die Ukraine die komplette Kontrolle über die ukrainisch-russische Staatsgrenze wieder übernommen hat.

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Die Steinmeier-Formel ist eine Formel, die im Jahr 2016 während eines Treffens im Normandie-Format durch den damaligen deutschen Außenminister und heutigen  Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vorgestellt wurde – Wahlen in den besetzten Gebieten nach ukrainischem Recht und unter Aufsicht der OSZE durchführen zu lassen. Nach den Wahlen, sofern sie die OSZE als frei und fair anerkennt, gewährt die Ukraine der Region einen besonderen lokalen Selbstverwaltungsstatus und übernimmt die Kontrolle über ihre östlichen Staatsgrenzen.

Das Normandie-Format, auch bekannt als die Normandie-Kontaktgruppe oder die Normandie Vier, ist eine diplomatische Gruppe hochrangiger Vertreter Deutschlands, Russlands, der Ukraine und Frankreichs zur Lösung des Krieges in der Ostukraine.

Die russischen Medien reagierten schnell auf die Ankündigung und nannten sie einen russischen Erfolg, den richtigen Schritt und einen Sieg des gesunden Menschenverstands. Sie behaupteten, dass Kiew alle Bedingungen Moskaus erfüllt habe und das Abkommen nicht von den Vereinigten Staaten geprüft wurde. Der stellvertretende russische Staatsduma-Abgeordnete Anton Morozov erklärte, dass die USA daran interessiert seien, den Konflikt in der Ostukraine zu verlängern, um Russland unter Druck zu setzen.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, schrieb, dass das Außenministerium hofft, dass dieser Schritt eine angemessene Atmosphäre für die weitere Umsetzung der Minsker Abkommen schaffen wird.

Der Vorsitzende der Kommission des russischen Föderationsrates für Informationspolitik, Senator Aleksei Puschkow, nannte die Unterzeichnung „unseren großen Erfolg“ und kündigte an, dass alle Bedingungen Moskaus erfüllt seien.

Unterdessen veröffentlichte dieWebsite des Fernsehsenders des russischen Verteidigungsministeriums Swesda die Reaktion des ehemaligen ukrainischen Premierministers Mykola Asarow, der sagte, dass Präsident Zelensky versuche, Bedingungen zu schaffen, die nicht Teil der Minsker Abkommen seien, nur aus politischen Gründen, da „die Nationalisten bereits ein Aufschrei in den ukrainischen Medien gestartet haben“.

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Die russischen Medien porträtieren die Ukraine als Verliererin in dieser Angelegenheit, eine Partei, die alle Bedingungen erfüllt hat, ohne etwas dafür zu verlangen, nachdem sie vom Westen überzeugt wurde, die Steinmeier-Formel zu akzeptieren.

Die russische Zeitung Vzglyad konzentriert sich auf die Reaktion der ukrainischen Opposition unter der Leitung des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroshenko. Unter Bezugnahme auf die letzten fünf Jahre der Poroschenko-Herrschaft als die Ära der „Kriegspartei„.

Vzglyad geht davon aus, dass Oppositionsproteste gegen die Steinmeier-Vereinbarung zum Scheitern verurteilt sein werden. Um seine Vorhersage von zum Scheitern verurteilten Protesten zu untermauern, zitiert Vzglyad den ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten der selbsternannten Volksrepublik Donezk, der behauptete, dass die heutige Ukraine so von Sicherheitsdiensten bevölkert ist, dass Selenskyj nichts zu befürchten hat.

RT weist auf die Proteste hin, die kurz nach der Ankündigung des Steinmeier-Abkommens durch Selenskyj in Kiew ausgebrochen sind. Da die Führung des Landes die Finanzierung radikaler Gruppen in der Ukraine kontrolliert, können sie leicht kontrolliert und entsprechend einfach gehandhabt werden.

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Russische Medien berichteten auch ausführlich über die Positionen der selbsternannten und so genannten Donezker Volksrepublik und Luhansker Volksrepubliken (DNR, LNR)“ bezüglich der Entscheidung der Ukraine, sich der Steinmeier-Formel anzuschließen. In einer Stellungnahme sagen der so genannte „DNR-Vorsitzende“ Dennis Pushilin und „LNR-Vorsitzende“ Leonid Pasechnik, dass die Entscheidung der Ukraine das besondere Recht des Donbas-Volkes[sic!] anerkennt, sein Schicksal selbstständig zu bestimmen“.

„Wir werden entscheiden, welche Sprache wir sprechen, wie unsere Wirtschaft aussehen wird, wie unser Justizsystem gebildet wird, wie die Volkspolizei unsere Bürger schützt und wie wir uns mit Russland integrieren werden“, heißt es in ihrer Erklärung. Pushilin und Pasechnik sagen, dass Selenskyj nicht berechtigt sei, ihnen Bedingungen zu diktieren und bestreiten, dass die Ukraine die Kontrolle über ihre östliche Staatsgrenze zurückerlangen wird.

Die von Russland unterstützten separatistischen DNR- und LNR-Enklaven scheinen nicht die Absicht zu haben, sich an eine vorgeschlagene Formel zu halten, weder Steinmeier, noch anderweitig. Sie haben bereits eine „persönliche Interpretation“ der Steinmeier-Formel veröffentlicht und behaupten, dass Kiew, damit der Vorschlag vollständig umgesetzt werden kann, Verfassungsänderungen vornehmen, das Gesetz über den Status der Donbas von 2015 ändern muss, Russisch zur Staatssprache der Region zu machen, ein eigenes Justiz- und Strafverfolgungssystem schaffen, die vertraglichen Beziehungen zu Kiew und die Zusammenarbeit mit Russland skizzieren solle und vieles mehr.