Letzte Woche berichtete die Pro-Kreml-Website Ukraina.ru, dass das Europäische Parlament angeblich eine Resolution angenommen habe, in der die Ukraine als Erbe der Sowjetunion „als Straftäter anerkannt“ wird.  Dieser gefälschten Darstellung zufolge heißt es in der Entschließung des Europäischen Parlaments; zur Erhaltung des historischen Gedächtnisses; dass die Ukraine ein doppeltes Ziel der Kritik ist – einerseits als Erbe der UdSSR und andererseits als Nachfahre der gegenwärtigen Inkarnationen von Neonazismus und Fremdenfeindlichkeit. Der Artikel  von Ukraina.ru kommt zu dem Schluss, dass die Wahrhaftigkeit seiner Behauptungen durch die ukrainischen Medien bestätigt wird, die den EU-Beschluss völlig ignorieren würden, weil sein Text für Kiew „unangenehm“ wäre.

Screenshot Seite ukraina.ru

Die Parlamentarische Entschließung der EU zur Bedeutung der europäischen Erinnerung für die Zukunft Europas wurde am 19. September verabschiedet. Aber es scheint, dass die pro-kremlischen Medien erst einen Monat später bemerkt haben.

Das Dokument befasst sich nicht mit einer mythischen ukrainischen Schuld für den Zweiten Weltkrieg. Das Dokument befasst sich mit den sehr realen Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschland, der Sowjetunion und ihres Nachfolgers Russland. Der Text besagt, dass es das nationalsozialistische Deutschland und die UdSSR waren, die mit ihren destabilisierenden Aktionen den blutigsten Krieg des Jahrhunderts, den Zweiten Weltkrieg, ausgelöst haben. In der Entschließung wird betont, dass die beiden totalitären Regime politisch, wirtschaftlich und militärisch zusammengearbeitet haben und dass sie sich mit dem Molotow-Ribbentrop-Pakt und seinem geheimen Protokoll darauf geeinigt haben, Europa zu spalten.

Die Resolution bringt ihre Besorgnis über die Bemühungen der derzeitigen russischen Führung zum Ausdruck, die Verbrechen des sowjetischen totalitären Regimes zu beschönigen, und betrachtet sie als „gefährliche Komponente des Informationskrieges gegen das demokratische Europa“. Der Text betont auch, dass „Russland nach wie vor das größte Opfer des kommunistischen Totalitarismus ist und dass seine Entwicklung zu einem demokratischen Staat behindert wird, solange die Regierung, die politische Elite und die politische Propaganda weiterhin kommunistische Verbrechen weißwaschen und das sowjetische totalitäre Regime verherrlichen“. Gerade diese Zeilen werden von den pro-kremlischen Medien in ihren gefälschten Geschichten nicht erwähnt, sondern ersetzen Konzepte und verzerren die Bedeutung der Resolution völlig.

Diese EU-Entschließung, in der die UdSSR und Russland verurteilt wurden, wurde von verschiedenen ukrainischen Medien entgegen den Behauptungen von Ukraina.ru weitgehend behandelt, und das Ukrainische Institut für Nationales Gedächtnis begrüßte das Dokument.

In einer offiziellen Erklärung weist das Institut auf die Verbrechen des nationalsozialistischen und sowjetischen totalitären Regimes, den Holocaust, Massendeportationen von Völkern, Repressalien gegen polnische und lettische Offiziere, die künstliche Hungersnot in der Ukraine und das Gulag-System hin. Während die Nazi-Taten von den Nürnberger Prozessen verurteilt wurden, müssen kommunistische Verbrechen noch moralisch und rechtlich bewertet werden, heißt es in der Erklärung.