Bislang gibt es keine Beweise dafür, dass bei den jüngsten Unruhen in Frankreich von westlichen Partnern an die Ukraine gelieferte Waffen eingesetzt wurden.

In russischen Medien wurde eine Erklärung der Sprecherin des russischen Außenministeriums Sacharowa, weit verbreitet, wonach von westlichen Partnern an die Ukraine gelieferte Waffen angeblich von Teilnehmern an den Unruhen in Frankreich verwendet wurden. Sacharowasagte, dass westliche Waffen ,,nicht nur“ auf dem Territorium europäischer Länder ein ,,Bumerang“ seien, sondern auch ,,ihre eigene Bevölkerung treffen“. ,,Die an Kyjiw gelieferten Waffen landen in den Händen der gleichen Demonstranten und werden gegen die Polizei in Frankreich eingesetzt“, fügte die Sprecherin des russischen Außenministeriums hinzu.

Screenshot – ria.ru

Maria Sacharowa gab nicht an, auf welcher Grundlage solche Schlussfolgerungen gezogen wurden. Seit Anfang Juli verbreiten jedoch prorussische Telegram-Kanäle unter Berufung auf westliche Medien die ,,Nachricht“, dass die Randalierer in Frankreich angeblich großkalibrige Gewehre der amerikanischen Accuracy International, die zuvor von den Vereinigten Staaten im Rahmen der Militärhilfe an die Ukraine geliefert wurden, gegen die Polizei einsetzen. Als Beweis veröffentlichen sie einen Screenshot eines englischsprachigen Artikels mit dem Titel ,,French police are shelled with US rifles that may have come from Ukraine“.

Screenshot – t.me/O_KUCHERA

Allerdings gibt es derzeit keine einzige Publikation mit diesem Titel. Und der obige Screenshot enthält keine zusätzlichen Informationen, wie z. B. das Datum der Veröffentlichung, den Autor oder den Titel der Veröffentlichung. Das in der Veröffentlichung verwendete Bild wurde erstmals 2012 in einem russischen Militärblog über einen Schützenturnier auf einem Übungsplatz in der Region Moskau veröffentlicht.

Dieser Screenshot wurde auch von mehreren englischsprachigen Randmedien (Global Euronews und NewsWars) veröffentlicht, die jedoch keine Quelle angaben. Darüber hinaus stufen die Analysten des Portals Media Bias/Fact Check eine dieser Seiten als ,,fragwürdig“ ein, da sie ,,rechtsextreme Voreingenommenheit, Propaganda von Pseudowissenschaften und Verschwörungen sowie die Veröffentlichung von Fake News aus unzuverlässigen Quellen“ propagiert.

StopFake-Journalisten konnten keine zuverlässige Quelle finden, die bestätigt, dass die von westlichen Partnern an die Ukraine gelieferten Waffen bei den jüngsten Unruhen in Frankreich eingesetzt worden sein könnten. Bis heute hat kein seriöses Medienunternehmen oder eine französische Regierungsbehörde über solche Fakten berichtet.

Höchstwahrscheinlich wurden diese ,,Nachrichten“ zu Propagandazwecken erstellt. Dies wird insbesondere durch die Tatsache belegt, dass das Bild auf Twitter hauptsächlich von pro-russischen Konten geteilt wurde, die oft ein Blue-Abonnement haben (die dafür bezahlen, dass sie ihre Inhalte anderen Nutzern zugänglich machen – Anm. d. Red.) BBC-Analysten fanden heraus, dass diese Konten häufig Desinformationen über den Krieg Russlands in der Ukraine verbreiten.

Französische Medien berichteten, dass die Randalierer hauptsächlich Feuerwerkskörper und Rauchbomben als Waffen gegen die Ordnungskräfte einsetzten. Es gibt auch Fälle, in denen militärische Waffen eingesetzt wurden. Laut France24 raubten Demonstranten in Marseille ein Waffengeschäft aus und erbeuteten mehrere Gewehre. Die Polizei meldete auch andere Vorfälle, bei denen illegale Waffen, darunter Schrotflinten und andere Arten von Feuerwaffen, eingesetzt wurden. Auf einem Video der Proteste ist auch ein Kalaschnikow-Sturmgewehr zu sehen, die weltweit am häufigsten verwendete Handfeuerwaffe. Keiner dieser Fälle steht jedoch im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an die Ukraine. Bislang haben die französischen Sicherheitsbehörden Berichte nicht bestätigt, wonach die von den Randalierern verwendeten Schusswaffen möglicherweise aus der Ukraine nach Frankreich geschmuggelt wurden.

Die Kreml-Propaganda konstruiert sorgfältig eine Propagandaerzählung über das ,,Verschwinden“ westlicher Waffen in der Ukraine und ihr Auftauchen auf illegalen Märkten in aller Welt. Zum Beispiel haben StopFake-Journalisten zuvor ähnliche Desinformationen in den Artikel ,,Manipulativ: ,Wegen der Ukraine‘ ist die Kriminalität in Osteurioa stark angestiegen – Atlantico“; ,,Fake: Westliche Waffenlieferungen an die Ukraine ,,landen bei organisierten Verbrecherbanden in Europa und Afrika“, ,,Fake: Europol ist über Fälle von Waffenschmuggel aus der Ukraine informiert“.