„Wenn uns die EU kein Geld mehr geben wird, werden wir zu Russland gehen, Ukraine droht Westen mit EU-Mitgliedschaft“, erklärt eine Überschrift auf der russischen Webseite Inforeaktor. Gemixt mit einer Aufnahme von Petro Poroschenko ist diese Fälschung ein Paradebeispiel von russischer Desinformation. Der Artikel behauptet tatsächlich, dass Poroschenko während eines Treffens mit EU-Spitzen gesagt haben soll: „wenn ihr uns kein Geld gebt, gehen wir zu Russland.“

Allerdings, wie so oft ist die Realität gänzlich anders. Der ukrainische Präsident sagte niemals einen solchen Satz, eine Videoaufnahme des EU-Ukraine-Treffen beweist dies.

Woher stammt also dieser Satz tatsächlich? Der Satz geht auf eine Person namens David Giberman zurück, eine Figur aus dem ultrarechten Bereich, welche vor allem auf rechten randständigen russischen Webseiten zu finden ist.

 

Aber die gesamte Geschichte der Reihe nach.

Inforeaktors‘ Geschichte zitiert einen Meinungsartikel über die aktuellen Ukraine-EU-Beziehungen von ukrainischen Politanalysten Yevhen Yaroshenko, vom Kiewer Internationalen Zentrum für Policy-Studien. Yaroshenko schreibt dabei auf der offiziellen Webseite des Zentrums Apostrof. Dabei unterläuft ihm leider ein Fehler, da er das verabschiedete EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine mit einer EU-Mitgliedschaft in Beziehung setzt. Yaroshenko folgert zum Ende seiner Analyse dass die ukrainischen Aspirationen an einer EU-Mitgliedschaft bisher keine Früchte tragen würden, dass aber der bestehende Status-Quo zwischen Kiew und Brüssel gewahrt bleiben würde.

Was macht nun die Webseite Inforeaktor aus diesem schwachen Befund? Sie verwendet Yaroshenkos’ schwache Analyse und schlussfolgert daraus, dass die Großzügigkeit der EU gegenüber der Ukraine „ausgetrocknet sei“, dass die Ukraine zukünftig Reformbemühungen mit weniger Verpflichtungen und Enthusiasmus durchführen wird und dass sich generell die europäische Zukunft der Ukraine düster bis wolkig gestaltet. Um den Befund von Yaroshenko glaubhafter zu gestalten, wird nun ein „Experte“ herangezogen, der den Befund bestätigen soll. Inforeaktor befragt deshalb dann den „politischen Experten” David Giberman um zu fragen, wie lange wortwörtlich, „die EU wohl noch die ukrainischen Mätzchen ertragen“ wird?

„In einigen Jahren wird jeder müde von diesem Zirkus sein und die Europäer werden diese kostbaren Neo-Europäer an Russland zurückgeben. Europa hat der Ukraine all seine politischen und ökonomischen Ablässe erlassen, die möglich waren. Bald werden wir sehen, dass die Ukraine den Westen drohen wird, dass sie nehmen wird was sie will und Russland beitreten kann.“ sagt Giberman.

Wer ist dieser David Giberman, wird man sich fragen?

In den letzten Monate war Herr Giberman, wenn er wirklich eine reale Person ist, ein sehr aktiver Kommentaren für alle Sorten von zweitrangigen russischen Webseiten wie Anna News, AntiMaidan und dem Blatt Putin Rossiya. Es scheint keinerlei Spuren zu seiner Person vor April 2017 zu geben. StopFake war nicht in der Lage jedwede Informationen über diese Person zu recherchieren, wer er ist oder für wen er arbeitet.

Diese Ungereimtheiten stoppten aber die russischen Seiten Mir Tesen, 29ru.net nicht davor den Fake wieder zu veröffentlichen. Dies spielt aber auch keine Rolle, da Poroschenkos‘ zugeschriebene Worte in keiner offiziellen Veröffentlichung zu finden sind und die Vorwürfe aus zweifelhaften Experten-Meinungen fabriziert wurden.