Zum Unabhängigkeitstag der Ukraine versuchen russische Medien, wie jedes Jahr wieder, so viele Fälschungen wie möglich zu produzieren, um zu zeigen, wie schwach und bankrott die Ukraine an Ihrem Jahrestag doch sei. Dieses Mal beschloss RIA Novosti, die Unabhängigkeit der Ukraine als solche in Frage zu stellen, und bereitete eine sogenannte „Analyse” darüber vor, was die Ukraine zum Jubiläum alles präsentieren kann. StopFake hat versucht, im produzierten Text von Ria Novosti etwas zu finden, was wirklich der Realität entspricht. Der Artikel ist aber gefüllt mit feindlicher Sprache und propagandistischen Behauptungen, es war schwer auch nur ansatzweise etwas Richtiges zu finden. Aber der Reihe nach.

Screenshot ria.ru

Nach der Meinung von RIA Novosti, „existiert die Unabhängigkeit der Ukraine nur theoretisch, aber niemand sieht es”. Der Autor der Kreml-Nachrichtenagentur hat angekündigt, die ukrainischen Erfolge „trocken und kalt zu analysieren, und wenn möglich, sich von dem Mythos der Unabhängigkeit des jungen Staates zu distanzieren“. Allerdings betont der Autor, dass die zahlreichen Misserfolge der Ukrainer „unmöglich mit dem Singen der Nationalhymne, Zaubern oder Springen zu verbessern ist“, und „westliche Kuratoren/Förderer“ haben „die Werkhovna Rada nicht nur heimlich, sondern auch ganz öffentlich dirigiert“. Laut dem Autor von RIA Novosti, existiert eigentlich kein Land wie die Ukraine – „es ist ein völlig abhängiger quasi-Staat, völlig abhängig von externer Kontrolle, isst alle Reste des sowjetischen Erbe auf und spuckt ohne Ende darauf“.

Am Anfang behauptet der Autor von RIA Novosti, dass es in der Sphäre der ökonomischen Leistungsfähigkeit „die Ukraine absolut nichts vorzuzeigen hat“. Laut dem Autor, rechnet sich die ukrainische Regierung Zahlen schön und stellt sich ökonomischen Bewertungen selbst aus. Er vergisst dabei auch über Veränderungen der Wechselkurse, einschließlich in Russland. Im Gegenteil, internationale Organisationen, einschließlich der Weltbank, weisen darauf hin, dass die Ukraine den Höhepunkt der Krise bereits überstanden hat und langsam die Leistungswerte in verschiedenen Kategorien verbessert.

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Laut dem Autor ist die ukrainische Wirtschaft ohne Russland nichts wert und die Beendigung der Zusammenarbeit mit den GUS-Ländern sei ein „regelmäßiger Schuss in den eigenen Fuß”. Das ist eines der populärsten Propagandamythen der russischen Medien, die hier verwendet werden, um angeblich zu zeigen, wohin die Versuche, sich von den „brüderlichen Völkern” zu trennen, eigentlich führen würden. Tatsächlich feierte das ukrainische Unternehmen Ukrtransgaz bereits 600 Tage ohne russisches Gas und die Europäische Union mausert sich zum wichtigsten Handelspartner der Ukraine. Zusätzlich wurde in einem Artikel der Deutsche Welle festgestellt, dass „der russische Markt für die Ukraine von Anfang an ein Weg ins Nirgendwo war. Handelskonflikte mit Kiew passierten ständig; noch vor der Annexion der Krim und noch vor dem Beginn des Konflikts in Donbas“.

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Der Artikel verwendet auch andere „traditionelle” Mythen des russischen Propaganda-Journalismus über die Ukraine. In Zusammenhang mit dem EU-Assoziierungsabkommen wird die Ukraine ihre gesamte fruchtbare Erde, Wälder und die gesamte Landwirtschaft verlieren. StopFake hat bereits mehrfach solche Aussagen ausführlich widerlegt, ebenso wie die Behauptungen, dass sich die Ukraine von einem „ehemaligen Industrieland zu einem totalen Dorf” verwandelt habe. Außerdem entlarvte StopFake Artikel über die Reformen, die der IWF der Ukraine vorgeschlagen hat, die angeblich „den Experimenten von Dr. Mengele ähnlich sind”.

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Ein Fake ist auch eine Aussage, dass die ukrainische Regierung angeblich „die Aufgabe der radikalen Verringerung von Bevölkerung erfüllt”. So zeigen beispielsweise, die Daten der Weltbank, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in der Ukraine trotz schwieriger Umstände in den letzten Jahren gestiegen ist. Vergleicht man aktuelle Zahlen des Institut für Demographie und Sozialforschung, wurden im Jahr 1991 zwar 12 Kinder pro Tausend Ukrainer geboren, im Jahr 2015 sind diese Zahlen aber bei 10,7 Kinder. Also keine radikale Verringerung, sondern nur eine graduelle Abschwächung.  Aussagen aus dem Ria-Novosti-Text über die Bildungsreform in der Ukraine, sollten das Ziel haben „Kinder mit einem aggressiven Hass gegen alles Russische und mit nationalistischen Taumel über das Erstgeburtsrecht zu erziehen“. Das ist mit Verlaub, die übliche Propaganda, die nicht der Wahrheit entspricht.

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Im Artikel gibt es auch eine Behauptung, zum amerikanischen Verteidigungsminister Mattis, der zur Militärparade zum Unabhängigkeitstag in die Ukraine gekommen ist. Die Passage besagt, dass er „einzig und persönlich eine Militärparade in einem fremden Land begrüßen wird. Wie es eben in souveränen und unabhängigen Staaten akzeptiert ist”. Dies ist auch eine deutlich manipulative Übertreibung. Zur diesjährigen Militärparade in Kiew kamen insgesamt Verteidigungsminister aus acht verschiedenen Ländern: Georgien, Litauen, Lettland, Moldawien, Polen, Montenegro, Estland, die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie auch der stellvertretende Verteidigungsminister des Vereinigten Königreichs sind gekommen. Es war also nicht seine einzige persönliche Militärparade, er war nur Gast und ein Teilnehmer unter vielen.